ER007 Mutterseelenalleinerziehend

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Maike von Wegen ist Autorin des Buches „Mutterseelenalleinerziehend – Ein Kind und weg vom Fenster?“.

Das Bloggen brachte Maike von Wegen aus einer Falle, die sich ihr Leben nennt: Immer dachte sie, dass sie an allem Schuld sei, dass ihr Versagen allein daran Schuld war, dass ihr Leben schief lief. Mit dem Bloggen begann sie, sich ihre Wut von der Seele zu schreiben und sich nicht nur als trauriger Einzelfall zu sehen. Heute ist sie Schriftstellerin. Ihr Debüt heißt wie ihr Blog: Mutterseelalleinerziehend und ist eine Aufarbeitung der Geschehnisse, die über sie hergefallen sind, nachdem ihre Tochter auf die Welt kam. Von der Verwandtschaft, die sich gegen sie stellte, über die miese Behandlung durch Staat und Jobcenter, bis hin zur Einweisung in eine Klinik qua Willkür einer einzelnen Ärztin – Maike von Wegen hat Dinge erlebt, die man seiner schlimmsten Feindin nicht wünscht.

Im Erscheinungsraum sprechen wir über all diese manchmal sehr alltäglichen, manchmal sehr außergewöhnlichen Ereignisse und Zustände. Maikes Motto: „Ich fange bei meinem eigenen Leben an und ende in den großen gesellschaftlichen Zusammenhängen.“

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Katrin Rönicke
Music: SaReGaMa – Lucky Number 7 (CC-BY-NC-ND 4.0)

Shownotes

Über Maike

Frau von Wegen bloggt

Hört die Politik die Stimme der Alleinerziehenden?

Der Muttermythos

 

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4 Kommentare

  1. meine herrn, die geschichte rund um das verhalten der mutter ist schwer zu verdauen und dies allein nur beim zuhören. deshalb drehte sich mein heutiger kopf auch um das thema „verzeihen“ und die bindung zwischen kindern und eltern. doch diese bindungen sind oft individuell und subjektiv. am ende des tages, also gerade jetzt, komme ich deshalb zu einem anderen resumé eures gesprächs. weg von den dramen, die sich in familien abspielen, hin zu dem punkt, dass sich an umständen etwas verändern lassen kann. allein diese große offenheit von maike scheint doch etwas verändert zu haben. etwas, das für jeden gefasst werden kann, indem man sich nicht alleinschuldig fühlt.
    da musik auch ein bisschen vorkam: in diesem lied fassen die jungs das etwas zusammen ;-)
    http://www.youtube.com/watch?v=kRrP-bZvD2s

    meine damen, hut ab – ein packendes gespräch.

    macht´s gut,
    jörn

  2. Ich finde es fürchterlich, zu hören, dass eine Frau, die zu meiner Tochtergeneration gehört, noch immer ihre Mutterschaft zum großen Teil erleiden musste. Beeindruckend, erfreulich und ermutigend finde ich, dass du in dieser Detailiertheit darüber berichtest und damit das Tabu brichst, dass die heilige Kuh der Mutterschaft umnebelt.
    Die schlimmen Details der Beziehung zwischen den drei Generationen zeigen tatsächlich nicht nur das Gefüge in einer Familie, sondern weisen weit darüber hinaus auf das Gesellschaftsgefüge, in dem die Idee von Mutterschaft in einer Frau derart zum Leben kommt, dass sie vielleicht zu glauben, schien, mögliche eigene Versäumnisse durch solche Verhaltensweisen kompensieren zu müssen und dazu instiutionelle Unterstützung erhielt. Seltsam und schrecklich zugleich…

    Die Frage, weshalb Frauen, die Mütter sind, so wenig in Erscheinung treten mit eigenen Gedanken und Reflexionen ihrer Rolle und Position in der Gesellschaft oder in ihrer Beziehung zu sich selbst, ihren Kindern und Partner_innen, ist bewegend. Eure Überlegungen dazu habe ich als Aufforderung verstanden, einen Beitrag zu bringen, damit sich etwas ändert. Einen „blog über intelligente Mutterschaft“ wie Maike es nennt. Ich denke drüber nach und verlinke diesen Beitrag!

    Besonders gut finde ich in eurem gespräch, dass Ihr auf die männlichen Eltern zu sprechen kommt, denen durch den Muttermythos so viel Kompetenz als Sorgende Personen abgesprochen wird.
    Ganz sicher werde ich Deinen Blog besuchen, Maike!
    euch beiden vielen Dank für dieses bewegende, anregende Gespräch.
    Anoma

  3. Hall zusammen,

    ich habe erst jetzt Eure Kommentare entdeckt und möchte mich erst einmal bedanken. Jörn, Du hast vollkommen Recht. Ich lese meine Geschichte ja selbst am liebsten als Selbstermächtigung. So ist es natürlich positiv. Aber es muss ja dennoch viel offener darüber gesprochen werden. Denn mir hat ja auch nur geholfen, darüber zu reden und darauf zu bestehen, dass mich keine Schuld trifft.
    Liebe Anoma,
    ja. Gern. Ich möchte eines Tages aufwachen und im Netz warten lauter intelligente und vielfältige Blogs auf mich. Gerne darfst Du damit sofort beginnen!

    Danke für Eure Kommentare.
    Liebe Grüße,
    Meike

  4. Danke für den spannenden Einblick. Erst hatte ich mich ein wenig geärgert, weil es ein wenig dauerte, bis ihr zu den Hauptthemen kamt, die ihr aber die ganze Zeit schon angedeutet habt, aber dann wurde schnell klar, dass man sich bei so unglaublichen Unmenschlichkeiten behutsam rantasten muss.

    Ich habe mir zwischendurch versucht vorzustellen, wie es mir wohl in derselben Lage ergangen wäre und musste erschrocken feststellen, dass ich als Mann wahrscheinlich weniger Probleme gehabt hätte. Wahrscheinlich wäre ich als Vater nicht mal eben in die Psychiatrie gesteckt worden, während bei einer Frau viel schneller das Βild eines hilflosen, fragilen Menschen aufploppt. Auch wäre die Zeit des vielen unterwegs Seins viel selbstveständlicher aufgenommen worden, während es bei Meike wahrscheinlich als zusätzliches Argument gegen sie verwendet wurde (die kümmert sich ja nicht ordentlich um ihr Kind…)

    Die Muttercommunities sind wirklich eine Krux. Einerseits sind die ja wirklich hilfreich, wenn man mal ganz pragmatische Alltagsfragen hat – auch ich habe da schon Rat gefunden. Gleichzeitig stimmt es natürlich, dass da ein absurd traditionelles Mutterbild zelebriert wird. Man merkt auch immer schnell, wie viel Unverständnis Menschen begegnet, die dort Dinge schreiben, die aus dem CDU-Weltbild rausfallen – wenn z.B. einer Schwangeren, die das Gefühl hat, die wichtigen Vorbereitungen für das Kind nicht zu schaffen (Zeug besorgen, Anträge ausfüllen, Kitas abbummeln…), geraten wird, doch einfach jetzt schon zu Hause zu bleiben und sich finanziell vom Ehemann versorgen zu lassen.
    Ich hatte ja lange Zeit gehofft, dass die Generationen der Menschen, die in den letzten zehn Jahren und zukünftig Eltern wurden/werden, einen Wandel bringen, aber ganz so schnell geht es wohl leider nicht. Ich erfahre eigentlich viele Eltern in meiner Umgebung als sehr ausgeglichen und vor allem nicht festgelegt darin, wer wie viel Verantwortung übernimmt. Aber dann ist es doch wieder die gesellschaftliche Struktur, die einem das erschwert und plötzlich finden sich einige doch in einer erschreckend typischen Rolle wieder, ohne das angestrebt zu haben.

    Das Eva Herrmann Ding stößt mir als Theologe immer besonders sauer auf, weil da einfach theologisch so viel Unfug behauptet wird. Wir lesen in der Bibel von Patchwork-Familien, von Sippenkonstellationen, in denen sich niemand allein um ein Kind kümmern muss. Und wenn bei der Verbannung aus dem Paradies Mann und Frau jeweils eine Rolle zugewiesen bekommen (Frau: Schmerzen der Geburt; Mann: harte Arbeit auf dem Acker), dann ist das allenfalls die Beschreibung eines Ist-Zustands, aber keineswegs ein Ideal, das es unbedingt aufrecht zu erhalten gilt. Vielmehr müsste es mit dem Ziel einer größeren Gottesnähe ein ungezwungeneres Miteinander angestrebt sein, bei dem eben gerade keine einengende Festlegung auf irgendwelche Aufgaben stattfindet, sondern im Vertrauen auf Gott jeder jede Aufgabe bewältigen kann.
    Und wenn Jesus im NT dazu aufruft, die Familie zu verlassen, um ihm nachzufolgen, wenn er sich „unreinen“ Frauen und Männern zuwendet, wenn sich die Evangelisten über die politischen Machthaber lustig machen, weil sie mit Kanonen auf Spatzen schießen (100 Mann nehmen Jesus gefangen, der friedlich betend darauf wartet), dann bestimmt nicht, weil damit klassische Rollen- und Machtstrukturen bewahrt werden sollen.

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