ER032 Die Roma – Europas Sündenböcke

Es gibt bis heute eine Volksgruppe in Europa, der allerorten Misstrauen, Ausgrenzung und Diskriminierung entgegenschlägt: Die Roma. Gerade in Osteuropa, aber auch im feinen Westen haben sie es bis heute schwer. Philipp Rollin hat die Hintergründe erforscht.

Seit über 700 Jahren leben die Roma unter den Europäern. Wie Schriftvergleiche nahelegen, kommen sie aus dem indischen Sprachraum, denn ihre Sprache ist dem Sanskrit nicht unähnlich. In der NS-Zeit wurden sie genauso behandelt, wie die Juden: Als Sündenböcke. Und genau wie die der Juden, hat die Diskriminierung und Verfolgung der Roma eine lange Geschichte. Klischees, Vorurteile und systematische politische Diskriminierung sind bis heute an der Tagesordnung.

Diese Geschichte rollen wir auf und schauen, was sich seit den finsteren Tagen des Holocaust geändert hat. Philipp Rollin hat sich in seiner Bachelor-Arbeit vor allem mit dem EU-Rahmen für nationale Strategien zur Integration der Roma bis 2020 befasst. Er war in Rumänien in einer von der Stadt segregierten Roma-Siedlung und hat einen dort forschenden Experten, Dr. Sárosi in Cluj-Napoca, getroffen.

Außerdem sprechen wir über die Integration der Roma während der Sowjet-Zeit und was sich seitdem für sie in Osteuropa geändert hat. Was die Roma wirklich brauchen und in wie weiter Ferne das noch liegt – erfahrt in dieser Sendung.

ER_Ost

Links und Hintergründe

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4 Kommentare

  1. Danke mal wieder für diese spannenden Einblicke :) Und am Ende kam bei mir dann doch die Frage hoch: Wieso redet man eigentlich dann doch wieder über Sinti und Roma, anstatt mit ihnen zu reden? Ich fände es total super, wenn man vielleicht über den Zentralrat einen Interviewpartner finden könnte, der einmal aus der „Innenperspektive“ berichten könnte… Großes Lob jedenfalls weiterhin für deine tollen und lehrreichen Podcasts!

  2. Vielen Dank für (mal wieder) eine sehr informative Episode!!!

    Zum Thema Roma in der Sowjetunion hätte ich vielleicht etwas ergänzendes zu sagen. Der Umgang der Regierung(en) der Sowjetunion mit den Roma hat sich vom Umgang der Menschen mit ihnen schon unterschieden.

    Ich wuchs in den 80ern in der UdSSR auf und habe, was die Roma angeht, immer gemischte Signale erlebt.
    Einerseits galten sie als traditionsreich, mit einer tollen musikalischen Tradition. Andererseits galten sie als Diebe und Betrüger. Der typische Roma wurde meist als reisender Mensch dargestellt, der eher rechtswidrig sein Geld verdiente. Entweder als Musiker und Taschendieb oder als Wahrsager(in) und Betrüger(in).
    Bis heute ist es so, dass wenn jemand sagt „ich bin zur Zigeunerin gegangen“, jeder versteht: ich bin zur Wahrsagerin gegangen.
    Dann kann ich mich an eine Episode erinnern: ich lebte die meiste Zeit meiner Kindheit in einem Dorf. Eines Tages war ich bei meiner Oma und jemand kam und sagte, Roma sind im Dorf. Meine Oma holte uns Kinder sofort ins Haus und sagte, wir sollen unsere Sandalen nicht draußen stehen lassen, damit die Roma nicht sehen, dass in dem Haus Kinder leben.
    Auch hatte man (und hat bis heute) vor allem in Russland große Angst vor der „okkulten Macht“ der Roma Frauen. Sie haben das „böse Auge“, können dich mit einem Fluch belegen, und und und.

    Widerum ein anderer Aspekt: in der heutigen Musikindustrie ist es ziemlich hip, sagen zu können, ich habe Roma-Blut in mir. „Kenner“ nicken dann ganz eifrig und sagen, dass man das ja hören/sehen kann.

    Und bei all diesen widersprüchlichen Dingen fehlt noch ein Faktum: ich habe noch NIE jemanden auf Russisch das Wort „Roma“ sagen hören. Das ist jetzt keine Übertreibung.
    Im Gegenteil – ich sah/sehe im russischen TV viele Roma, die sich ganz selbstverständlich als Zigeuner bezeichnen.
    Wenn ich darüber mit Russen und Russlanddeutschen spreche, ist die Antwort nicht selten:
    „Die hießen halt schon immer so.“
    Manchmal gefolgt von „als nächstes willst du mir dann wohl verbieten, Neger zu sagen?“
    Anders herum gibt’s das auch.

    Was ich allerdings nicht verschweigen will ist, dass ich auf der Arbeit auch schon mehrfach die Diskussion über „Zigeunersoße“ und „Negerküsse“ miterleben musste. Und das Verständnis für die Problematik dieser Begriffe was fast durchgehend null. Auch hier sind es dieselben Argumente:
    – „Wie soll ich dann im Restaurant Zigeunersoße zu meinem Schnitzel bestellen?“
    – „Es hieß doch schon immer Negerkuss. Was soll das? Die wissen doch, dass wir das nicht negativ meinen.“

    Wenn ich die Kollegen dann anfange, zu Demonstrationszwecken „Kartoffel“ zu nennen, ist das übrigens etwas völlig anderes. Weil „Kartoffel“ ist in dem Fall ja abwertend gemeint. :D

    Jedenfalls bitte weiter so. Die letzten Paar Episoden habe ich nahezu verschlungen und auch mehrfach angehört. Vor allem die Griechenland-Episode. Vielen Dank!!!

  3. Gerade den podcast über Roma gehört. Auch wenn der Experte mir nicht immer wirklich tief im Thema drin zu sein schien (Ceausescu wurde zu Ceauschenku etc.) war das wirklich interessant – ein tatsächlich viel zu selten behandeltes Thema.

    Betroffen gemacht hat mich allerdings das leichtfertige Rufen nach Polizei und Staatsmacht, wenn Roma ihre Kinder nicht zur Schule schicken, und der pauschale Vorwurf, dass LehrerInnen Romakinder diskriminieren. Unüberlegter geht es ja wohl kaum – das System soll es richten und gleich auch alle Parapgraphen ausspielen?
    Hinter der „Duldung“ solcher Modelle wie des genannten, die Kinder immerhin zweimal pro Woche zur Schule zu schicken (anstatt überhaupt nicht) steckt ja der Versuch des Kompromisses, der Integration, des Auf-jemand-zu-Gehens. Ich weiß das zufällig, weil eine gute Freundin an dieser Basis arbeitet und mit solchen Problemen umzugehen hat. Der Perspektivwechsel (hilft es der Intergration wirklich weiter, wenn die Polizei die Kinder mitnimmt; das kostet im Übrigen auch ein Strafgeld) hätte hier sicher weiter geführt als der schnell ausgesprochene Vorwurf…

    Naja, meine 2 cents – ansonsten höre ich gern zu, interessante Gespräche.

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