In dieser Episode ist der Gast absichtlich anonym. Bitte outet sie nicht – selbst wenn ihr sie erkennen solltet. Nur so werden vertrauliche Gespräche dieser Art auch weiterhin möglich.
Maren ist 33 Jahre alt und musste Anfang des Jahres um ihre Existenz bangen. Hintergrund war ein Bandscheibenvorfall im Sommer 2012 und seine langwierigen Folgen. Nicht nur, dass sie während dieser Krankheitsphase ihren Job verlor. Die Krankenkasse zeigte sich alles andere als verantwortungsvoll. Im Gegenteil. Zuerst lehnte sie es ab, die Reha-Kosten zu übernehmen. Und es kam noch schlimmer: Als es am dringendsten nötig gewesen wäre, verweigerte die Kasse nicht nur die Zahlung des Krankengeldes sondern schmiss Maren aufgrund einer Gesetzeslücke ganz raus. Und entledigte sich damit einer „teuren“ Patientin. Denn Maren ist Chronikerin.
Manfred Fiedler ist Mitautor des Attac Basis-Textes „Gesundheit ist keine Ware“ und hat als Diplomsozialwissenschaftlicher mit Schwerpunkt Sozialökonomie, vor allem Gesundheitsökonomie, dabei vor allem Krankenhausbetriebslehre, langjährige Erfahrungen im Krankenhaus-Bereich gesammelt. Er sieht in der Art, wie die Krankenkasse mit Maren umging keinen Einzelfall, sondern Auswirkungen einer Wettbewerbs-Logik, die alle Kassen beherrscht.
Gemeinsam sprechen wir über die Geschichte einer jungen Frau als Beispiel für viele andere Geschichten und grundsätzliche Probleme des Gesundheitssystems. Was ist das für eine Logik, die dazu führt, dass Patientinnen, die seit ihrer Geburt bei einer Krankenkasse versichert sind, in dem Moment, in dem sie am meisten auf deren Leistung angewiesen sind, komplett im Stich gelassen werden? Was ist das für ein Gesundheitssystem und wo liegen Versäumnisse der Politik? Wie auch eine Reportage des NDR zeigt ist Maren alles andere als ein Einzelfall. Die Kassen bekommen sogar „Tipps“, wie sie teure Patientinnen loswerden können. Auf der einen Seite stehen Fälle wie der von Maren, auf der anderen Seite ein Rekord der Krankenkassen-Rücklagen von 28 Milliarden Euro im Jahr 2013 (im Podcast ist irrtümlich von 19,5 Milliarden die Rede – das war die Zahl von 2012).
Wir heben ein vermeintliches „Einzelschicksal“ auf die politische Ebene. Was läuft hier falsch und wie kann und muss die Politik hier umdenken, um Patientinnen und Patienten wirklich zu verSICHERn? Und: Wir fordern alle auf, aktiv zu werden.
Und wieder ist mir ein Anfängerinnen-Fehler passiert, denn ich habe in der Postproduktion von Herrn Fiedler einige Teile weggelöscht ohne es zu merken – ich bitte vor allem Herrn Fiedler vielmals um Entschuldigung, gelobe Besserung und gelernt zu haben. Was ich scheinbar auf die ganz harte Tour mache.
Im Podcast sprechen wir auch über eine Reportage des NDR. Diese könnt ihr hier sehen:
Links und Hinweise
- Attac-Basistext: Gesundheit ist (k)eine Ware. Wenn Profitmaximierung krank macht
- Wikipedia: Bandscheibenvorfall
- Wikipedia: Krankengeld
- Die AOK Nord-Ost
- Paragraph 48 im SGB5
- Handelsblatt: Krankenkasse ekelt teure Patienten raus (vom 30.10.12)
- Wikipedia: Prozesskostenhilfe
- Youtube: Reportage „Der verlorene Patient“
- BMG: Der Wettbewerb zwischen den Krankenkassen
- Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen
- Wikipedia: Ombudsleute in Schweden
- MDK – Medizinischer Dienst der Krankenversicherungen
- Bundessozialgericht Kassel
- Wikipedia: Patientenrechte
- RP Online: Krankenkassen-Rücklagen auf Rekordhoch von 28 Milliarden Euro (nicht wie im Podcast gesagt 19,5 Milliarden – das war die Zahl von 2012!).
- Attac: Bürgerversicherung
- Wikipedia: Bürgerversicherung
- Konzept zur Bürgerversicherung von Bündnis 90/Die Grünen
- Heinrich-Böll-Stiftung: Wie geht es uns morgen? – Wege zu mehr Effizienz, Qualität und Humanität in einem solidarischen Gesundheitswesen
- Gutachten „Wettbewerb an der Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer Gesundheitsversorgung“ des Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen
Ich bin verblüfft, dass bei diesem wichtigen Thema keine Kommentarflut entstanden ist. Ärgerlich, dass der zweite Teil abgeschnitten ist, aber das Wesentliche wurde ja gesagt.
Gibt es nach nun schon dreieinhalb Jahren neue politische Entwicklungen zu dem Thema oder ist es nach wie vor angebracht Sturm zu laufen?
Danke für den spannenden Einblick. Ich hoffe, Maren erhält inzwischen reichlich Schadensersatz von der aok :-)